
13 Okt Django3000-Kontrabass ohne Feedback
Akustische Instrumente haben es schwer auf lauten Rockbühnen. Die müssen richtig mikrofoniert oder mit einem geeigneten Tonabnehmersystem ausgestattet sein und selbst dann ist die Feedbackgefahr bei lauter Beschallung groß. Bei Kontrabässen, wegen ihres großen Körpers und des hohen Anteils an tiefen Frequenzen ist das Lautmachen am Mischpult besonders schwierig dachte ich bisher. Michael Fenzl von Django 3000 spielt auf der Bühne einen Bass, den ein Soundmann ohne Probleme laut UND fett mischen kann. Wieso kann der Bass das…?
Interview: Tom / Fotos: Tom und Johann Frauenrieder
Michael,Kontrabässe auf Rockbühnen verbreiten unterSoundleuten Angst und Schrecken. Meistens bekommt man schon ein fettes Feedback, wenn der Bass nur einen Lautsprecher aus der Ferne sieht. Was machen wir Tonleute denn da falsch? Oder ist das Instrument generell erstmal ungeeignet für eine Rockbühne?
M: Wie du schon sagst Tom ist der Kontrabass ein akustisches Instrument und will in erster Linie unverstärkt schön klingen. Ein Geigenbauer, bzw. Kontrabassbauer versucht mit den besten Hölzern in jahrhundert-alter Tradition ein Instrument zu fertigen, das schön und voluminös klingt und den Ton weit trägt. Diese Eigenschaft ist jedoch hinderlich, wenn man den Kontrabass, wie ich es mache, stark verstärkt über eine PA spielt, um möglichst große Festivals mit mächtigem Bassdruck beschallen zu können. Ein akustisches Instrument, wie der Kontrabass hat eigentlich erstmals auf so einer Bühne nichts verloren, da ja die verstärkten Signale den Resonanzkorpus des Basses so sehr in Schwingung bringen, dass der Ton sich hochschaukelt und nur noch ein lautes Dröhnen zu hören ist. Um das zu verhindern nehmen viele Techniker einfach die Lautstärke und/oder die Bässe zurück… und das war´s dann mit dem Rocksound. Der Fehler liegt da nicht beim Mischer, sondern eher bei den Bassisten die meinen, einen Standardkontrabass mit auf die Festival- oder Clubbühne bringen zu können und der Mann gegenüber wird’s schon hinschrauben. Ich habe mir während meines Musikstudiums über Jahre hinweg den Kopf zerbrochen, wie dieses Problem in den Griff zu bekommen ist und habe viele Möglichkeiten der Tonabnahme ausprobiert. Die Meisten zur mäßigen Zufriedenheit.
Der Bass steht ja auf dem Bühnenboden. Ist die Bodenkopplung der Hauptgrund für Feedback?
M: Sicherlich kommt ein großer Teil der Schwingungen über den Bühnenboden. Häufig hatte ich hier Probleme, wenn die Subwoofer unter der Bühne verbaut wurden, oder auf der Bühne standen. Ich hatte zu Anfangs versucht den Kontrabass auf einem hohlen Gummipodest zu spielen. Das Ergebnis war aber auch hier nicht zufriedenstellend, denn auch die zurückschallenden Schallwellen von der PA bringen den Korpus des Basses zum aufschwingen. (kleine Schlauberger-Anmerkung vom Autor: Bässe breiten sich kugelförmig aus. Je nach System strahlen tiefe Frequenzen neben und uU sogar hinter der PA fast genauso laut, wie nach vorn.)
Welchen Bass spielst du?
M: Ich besitze drei Kontrabässe. Für Jazz und Klassik, also akustische Musik, verwende ich einen deutschen, ca. 200 Jahre alten, vollmassiven Kontrabass. Der wurde ca. 1810 gebaut und hat einen hervorragenden kräftigen Eigenklang. Für die verstärkten Konzerte, wie bei Django 3000 ist dies aber eher hinderlich und große technische Veränderungen an diesem „alten Herren“ bring nicht mal ich übers Herz Daher habe ich mir zuerst einen, dann einen zweiten, recht schlichten Kontrabass mit gesperrter Decke, Boden und Zargen zugelegt, der von sich aus einen weniger guten Akustikklang hat, robust und zudem auch noch recht günstig ist. Und an diesen beiden habe ich mich getraut, nach Herzenslust auszutoben, sie zu bearbeiten und zu modifizieren, bis diese der Bühne mehr als gerecht wurden. – Getauft habe ich diese modifizierten Bässe FENZL3000. Mit einem befreundeten Bassbauer bin ich auch gerade dran, von dieser Modifikation ein serientaugliches Umbausystem zu entwickeln. Also FENZL3000-Tuning für Kontrabässe.
Michaels Setup :
Der Fenzl3000 besteht aus einem billigen Kontrabass „von der Stange“. Modifiziert wurden jedoch Steg und Mechanik.
-Schaumstoffröhren zwischen Decke und Boden
-Tonabnehmersystem vom Precision E-Bass
-Mikrofonsystem AKG C-411
-Funksystem Sennheiser EW 572 G3
Musst du wegen Schweiß usw oft Saiten wechseln?
M: Kontrabasssaiten sind sehr robust und langlebig. Es kommt so gut wie nie vor, dass sie abreißen. Man sollte ca. einmal im Jahr einen neuen Saitensatz aufziehen, da mit der Zeit der Klang dumpf und mumpfig wird. Das hat weniger mit Schweiß zu tun den man ja nach dem Konzert abwischen kann, als mit der Zeitspanne der Saitenbelastung. Da gute Kontrabass Stahlsaiten zwischen 150,- und 200,- Euro kosten, schiebt man die Erneuerung allerdings zu gerne lange auf. Je nach Instrument und Soundvorstellung, kann man aus einer sehr vielfältigen Palette von Darm- Kunststoff- und Stahlsaiten den richtigen Saitensatz auswählen. Für meine spezielle Tonabnahme kommen jedoch nur letztere in Frage, weil die Magnetspulen natürlich nicht auf Darm- oder Kunststoffsaiten reagieren. Ein super Ergebnis erreicht man meiner Meinung nach mit D´Addario Helicore Hybrid, die für pizzicato (zupfen) aber auch für arco (streichen) sehr gut geeignet sind.
Hast du Steg und Mechanik verändert ?
M: Bei meinen beiden FENZL3000-Bässen habe ich eine neue Mechanik draufgeschraubt, da bei Billigbässen die serienmäßigen Wirbel oft sehr schwergängig sind. Außerdem habe ich mir jeweils einen neuen Steg aus gutem Holz mit höhenverstellbaren Schrauben draufgemacht, damit ich je nach Laune fürs Spielgefühl, die Saitenhöhe mit wenigen Handgriffen einstellen kann.
Ich hab mal gesehen, dass der Bassist einer Rockabilly-Band, seinen Bass komplett ausgeschäumt hat. Klang aber auch nicht gut…Hast du Veränderungen am Körper, also an der Akustik vorgenommen ?
M: Das hatte ich zunächst auch gemacht, um die lästigen Feedbacks loszuwerden. Es hatte auch soweit funktioniert, jedoch war auch der Bass dadurch tot und der Klang für mich absolut unbrauchbar. Die Lösung ist hier viel einfacher. Ich habe in meinen Bässen drei Schaumstoffröhren zischen Decke und Boden eingeklemmt. Diese Dinger verwendet man für gewöhnlich zur Isolierung von Heizungsrohren und wirken im Instrument wie ein Stoßdämpfer beim Auto. Der Bass kann also aufschwingen, wird aber sofort danach wieder abgebremst.
Wie bitte ! Röhren ? Wie bekommt man die denn da rein ?
M: Naja, da muss ich dazusagen, dass ich im Boden der Bässe ein 12 x 20 cm großes Loch reingesägt habe, worin ich meine Sendeanlage im Instrument integriert habe. Das ist sicher nicht jedermanns Sache, aber für mich ist mein Instrument in erster Linie mein Werkzeug. Und mein Werkzeug prepariere ich mir so, wie ich es brauche. Der Ton bei meinem Django3000-Kontrabass wird wie bei einem semiakustischen Instrument über Tonabnehmer abgenommen, und daher leidet durch die Öffnung im Bassboden der Klang auch nicht. Der Resonanzkorpus spielt im verstärkten Modus ohnehin eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind die schwingenden Saiten, die Griffbrettgeräusche und die Vibration der Bassdecke. Wenn man diese radikale Umbauweise nicht haben wollte, müsste man für die Röhren den Korpus vom Geigenbauer öffnen und wieder schließen lassen und mit Kosten von mehreren Hundert Euro rechnen.
Wie nimmst du deinen Bass elektrisch ab ?
M: Ich habe am unteren Ende des Griffbrettes zwei Tonabnehmerspulen montiert, die man vom Precision E-Bass kennt. Eine unter der E- und A-Saite und die andere unter der D- und G-Saite. Zusätzlich habe ich auf der Decke des Kontrabasses ein phantomgespeistes Piezomikrofon von AKG (AKG C-411). Diese beiden Signale schicke ich über zwei Funkstrecken direkt in die PA.
Aha, also beides: Mikro UND Tonabnehmer! Klingen die unterschiedlich und würde nicht auch nur z.B. der Tonabnehmer genügen?
M: Ja und Nein. Der FENZL3000 ist ein Hybridbass mit elektromagnetischer und akustischer Tonabnahme. Die Magnetspule ist für den Druck der tiefen Frequenzen verantwortlich, was man im Livebetrieb über Piezo oder Mikro in dem Ausmaß nicht erreichen kann. Sie nimmt die Schwingung direkt von den Stahlsaiten auf und lässt dabei, wie beim E-Bass, den Korpus nahezu außer Acht. Der Kontrabass bekommt somit ordentlich Schub und der Ton spricht sehr schnell an. Jedoch fehlt jetzt noch die Abnahme des schönen natürlichen Holzklanges, der den Sound des Kontrabasses ausmacht und vom Fretless-Precison unterscheidet. Wenn man die hohen Frequenzen der Korpusschwingung und der Nebengeräusche des Griffbrettes zum satten Ton der Magnetspule mischt, hat man als Ergebnis einen vollen Kräftigen Ton mit dem wunderbaren Charakter des Kontrabasses. Und in Kombination mit den „Stoßdämpfern“ gibts auch kein Feedback.
Du hast auf der Bühne gar keinen Verstärker, keinen Preamp und auch keine Bassbox. Warum das ?
M: Zu Anfangs hatte ich einen Amp und eine Bassbox mitgenommen um den Sound der beiden Signale selbst abzugleichen. Zum Mischpult ging dann per DI ein fertiges Signal, wie es bei der E-Bassverstärkung üblich ist. Seit einem guten Jahr haben wir bei Django3000 das Glück mit eigenem Soundmännern zu touren und da hat sich für mich herausgestellt, dass es wesentlich einfacher ist, zwei saubere Tonsignale per Funk zum Pult zu schicken. Ich kann ja jetzt darauf vertrauen, dass von unserem Mann ein optimaler Sound nach unseren Vorstellungen gemixt wird. Haustechnikern in einem Club, haben uns ja meist noch nie gemischt und haben dann keine Zeit, sich so schnell in die ungewöhnliche Tonabnahme und den Bandsound einzuarbeiten. Hatte ich da oft eher ein ungutes Gefühl. Jetzt hab ich lediglich mein Instrument mit dem ich auf die Bühne gehe und los geht’s.
Auf der Bühne gehts ja hoch her. Möglich ist das durch dein eingebautes Funksystem. Was benutzt du da genau ?
M: Sehr richtig. Ich bin ein Bassist, der gerne die gesamte Bühne in die Show mit einbezieht und mit dem Kontrabass ständig auf Achse ist. Dabei ist der Bass auch gerne mal über oder unter mir oder wirbelt im Kreis. Wonach mir in dem ausgelassenen Moment der Show halt gerade ist. Ich verwende zwei C-Band Funkstrecken von Sennheiser (EW 572 G3). Die beiden Bodypacks davon habe ich auf ein Podest im Inneren des Korpus befestigt. Dort sind sie sicher und unauffällig verstaut. Ich muss sie nicht nach jeder Show abmontieren und kann über die Öffnung im Bassboden wunderbar problemlos darauf zugreifen.
Besteht ein großer Soundunterschied zwischen Kabel und Funk ?
M: Da gibt es eine Menge Tests und Vergleiche und die Meinungen sind verschieden. Ein Kabel ist für die Soundübertragung sicherlich die bessere Variante und auch weniger anfällig. Aber in meinem Fall kommt ein Kabel überhaupt nicht in Frage, da ich mich damit gefesselt fühle und ich ständig darauf achten müsste, dass ich während der Show die Strippe nicht beschädige, oder darüber stolpere. Mein Bass klingt mit Funk und all den Modifikationen eben so, wie er klingt. Und das kann, mit dem richtigen Mann am Mischpult, wie ein ordentlich fetter, authentischer Kontrabass sein!
Danke Michael….vor Deinem Kontrabass habe ich keine Angst mehr![divider style=“dotted“ height=“40px“ ][row][col size=“1/2″ ] [/col][col size=“1/2″ ]Michael Fenzl (geb. Unfried) studierte Kontrabass an der Hochschule für Musik in Würzburg (Schwerpunkt Jazz – und Popularmusik) und am Tiroler Landeskonservatorium in Innsbruck (Schwerpunkt Klassik). Bereits als Kind genoss er von ausgezeichneten Musikern eine mehrjährige, umfangreiche Instrumentalausbildung an Gitarre, E-Gitarre, E-Bass, und Klavier. Erst im Jahr 2000 entdeckte er für sich den Kontrabass und machte diesen zu seinem Hauptinstrument. Während seiner gut 20-jährigen Musikausbildung sammelte er Erfahrung in den unterschiedlichsten Stilen, wie Metall, Rock, Pop, Reggae, Klezmer, Klassik und Jazz und spielte dabei in zahlreichen Formationen, wie der bayrischen Ska-Band „KingBanana“. 2005 erhielt Michael für seine künstlerischen Leistungen den Yeudi-Menuhin-Förderpreis, im Jahr 2009 den Fraunhofer-Preis. Im Jahr 2011 entwickelte er zusammen mit seinen Kollegen von Django3000 den bis dato unbekannten „Gipsy Pop“. Seit März 2012 ist Michael nun nahezu pausenlos mit Django3000 auf Tour.