
25 Jan Upright-Bass mit Didi Beck
Die Band Boppin‘ B spielt im besten und eigentlichen Sinne klassischen Rock and Roll. Dies komplett live, ohne Tricks und ohne Rücksicht auf Verluste. Darauf kann man in diesen Zeiten ja auch gerne mal hinweisen, gehen moderne Bands auf der Bühne doch lieber niemalsgarnichtüberhauptkein Risiko mehr ein. 4-stimming Harmonien singen und dabei Instrumente hinter den Kopf halten, während der Club tanzt und tobt, dazu muss man ein ganzer Mann (Frau) sein. Ich hatte guten Einblick ins Soundgefüge, da ich die Band bei ihrem Stopp in der Kantine gemixt habe. Danach natürlich bei Bassist Didi Beck gleich mal nachgefragt, woher die Töne kommen..
Interview: Tom / Fotos Axel Live Pictures
Tom: Didi, deine Band spielt ihren Rock and Roll aber auch wirklich genau so, wie man ihn seit Jahrzehnten im Ohr hat. Macht ihr euch da viel Gedanken, ob das 2016 noch passt, oder wird einfach Musik gemacht und basta? So scheint es und das kommt sehr gut rüber.
Didi: Nun, wirklich Gedanken haben wir uns vor allem am Anfang der Bandgeschichte gemacht, Wir waren inspiriert vom 80er Jahre Neorockabilly wie ihn die Stray Cats oder auch Restless gespielt haben, und andererseits waren eher unbekanntere Musiker aus den 50ern für uns wichtig wie z.B. Johnny Burnett oder Andy Starr. Dazu der fantastische swingende Sound von Louis Jordan und das alles wollten wir unter einen Hut bekommen. Ich denke diese Einflüsse legt man nie ab, aber bewusst darauf abzielen tun wir schon sehr lange nicht mehr. Wir haben- und das trotz unserer bisher über 5000 gespielten Konzerte, noch richtig Lust auf´s Musikmachen, und das ist für uns das Wichtigste, und soll es bitte auch bleiben.
Übrigens, es gibt auch in der Szene in der wir uns bewegen einige engstirnige Geister. die würden sich an deiner Aussage sehr stören, weil sie eine, meiner Meinung nach, sehr stark eingeschränkte Sichtweise auf diesen Sound haben. Aber wir haben uns davon nie Beirren lassen. Wir spielen Rock’n’Roll wie wir ihn empfinden. Und ich behaupte mal ganz selbstbewusst: Das ist doch mit die höchste Form der Authentiztät.
T:Ob man will oder nicht. In eurem Genre schwingen immer die grossen Vorbilder und 60 Jahre Musik-Geschichte im Ohr mit. Wie findet man da Ideen zu wirklich eigenen Songs?
Didi: Da antworte ich wohl am besten mit meiner eigenen Herangehensweise: Ich gehe immer von einer Hookline (einem Refrain aus) und gestalte dann den Rest. Oft habe ich aus Spaß auch versucht in anderen Genres zu komponieren, aber da fehlt die Selbstverständlichkeit und das manchmal nicht ganz unerlässliche Detailwissen. Tatsächlich höre ich auch oft, wenn sich Leute am klassischen RockNRoll versuchen, die von ganz anderen musikalischen Gefilden kommen. Das klingt dann manchmal toll, oft bemüht und leider auch manchmal sehr aufgesetzt.
Allerdings merke ich noch an, das ich mich schon immer mit artverwandten Sound viel auseinandergesetzt habe, und diese Einflüsse kommen dann auch bei meinem Songwriting zum Einsatz. Ich nenne da mal: Ska, Rocksteady, Punk,Country, Swing, Blues, Folk und Šhnliches. Diese Stilistiken sind vom RocknRoll nicht so weit weg, und finden daher auch Einzug in meine Songs
Zudem versuche ich mich textlich auch ein wenig von den klassischen Themen (Autos, Alk, Frauen usw.) wegzubewegen, bzw. wenn ich sie aufgreife dann zeitgemäss zu gestalten. Ich lese sehr gerne und viel ( und wenig Trivialliteratur ) und das beeinflusst mich doch sehr.
T:Ihr habt einen sehr eindeutigen Band-Sound. Ich habs leicht gehabt: Fader hoch, laut gemacht und ihr klingt super. Da muss fast nix gemixt werden und so solls sein. Dahinter steckt sicher viel Liebe zum Detail. Müsst ihr einmal im Jahr nach Nashville um dort Amps und Gitarren von 1959 zu kaufen oder gibts euren Sound bei Th…ann?
Didi: Haha, wir waren noch nie in Nashville, schade eigentlich. Klar, am Anfang denkst du, nur altes Zeug bringt den richtigen Sound, aber inzwischen ist man doch erfahrener und weiss: Der Sound kommt aus dir selbst. Gibts ne tolle Anekdote von einem sehr guten Blueser den ich kenne. Der hatte (mal wieder) finanzielle Probleme und musste seine altes Fenderequipment zum Pfandhaus bringen. Spielte dann ne billige Ibanez über nen günstigen Peavey-Amp, und was soll ich sagen: Es klang einfach immer noch sehr gut, um ganz ehrlich zu sein, ich habe eigentlich keinen Unterschied gehört, aber ich bin auch nicht so ein Musikerpolizisten-Typ. Ich denke, Eddie Cochran hätte auch mit ner Ibanez-Halbakustik gut geklungen.
Aber ich gestehe auch: So eine Gretsch sieht einfach auch wirklich toll aus und gutes Equipment macht es einem leichter, seinen Sound umzusetzen. Und gute Optik macht einfach auch Spass. Aber heutzutage schwören wir doch mehr auf die aktuellen Ausgaben der Klassiker, denn die alten Sachen sind doch meist ein wenig anfälliger und bei unserer intensiven Live-Show ist es sehr zu begrüßen wenn Dinge klaglos funktionieren ( am besten über einen sehr langen Zeitraum ) Wir besitzen noch viel Vintage-Zeug, aber das kommt nur im Studio zur Anwendung (und selbst dort nicht mehr immer )
Was den Bandsound als Ganzes angeht hört man sicher die vielen tausend Auftritte, die wir in nahezu unveränderter Besetzung gespielt haben, man hat sich nicht nur musikalisch sondern auch soundtechnisch aufeinander eingegroovt.
Ich helfe ab und an mal bei anderen Bands aus, und bemerke da an mir, das ich schon beim Soundcheck die „Lücke“ suche, die ich mit meinem Kontrabass-Sound füllen kann. Dabei hilft mir sicherlich der Umstand, dass ich die Band fast 15 Jahre lang von der Bühne aus selbst gemixt habe. ich denke, da habe ich ein Gespür dafür bekommen, und zudem verstehe ich die verschiedensten Aspekte der Tontechnik zumindest soweit, dass es mich auch als Musiker deutlich weiterbringt.
T:Du spielst natürlich einen echten Upright-Bass. Bei fast all deinen Kollegen kommt außer lautem Bass-Feedback nicht viel raus aus dem Instrument und wir Soundleute haben neben Atomkraft auch noch grosse Angst vor Rockabilly. Die konnte mir zwar mein Bass-Kumpel Michael Fenzl durch viele gemixte Konzerte und geduldige Aufklärung beim Interview nehmen. Trotzdem erschrecke ich zunächst erstmal, immer wenn beim Aufbau zum Soundcheck ein Kontrabass auf die Bähne gestellt wird. Bei Boppin‘ B zu unrecht. Dein Bass klingt super und ist bereits auf der Bähne sehr laut. Du spielst durch einen Amp. Aber was ist da sonst noch an ausgefuchster Technik dabei?
Didi: Hey richte dem Michael mal beste Grüße aus. Der ist richtig gut und sehr nett, und die Band geht gerade schön nach vorne ( Django 3000 ). Allerdings hat er eine andere „Soundstruktur“ , wie ich das nenne, als ich.
Soviel Technik benutze ich wohl gar nicht. Ich spiele einen Duke-Bass „Didi-Beck-Signatur-Modell“ das gibt es tatsächlich als offizielles Modell, benutze bei Auftritten mit Boppin‘ B Efrano-Darmsaiten (mit umwickelter E-Saite) und Shadow SH 951(für den Ton) und 2500 (für den Click)-Tonabnehmer. Ansonsten spiele ich Gut-a-like Saiten, entweder den Didi-Beck-Satz oder den Swingmaster-Satz, und benutze das Shadow RB-PRO-Tonabnehmer System. Von den Tonabnehmern geht es in uralte Shure U4-Sender (Ton und Click getrennt). Der Click geht dann direkt in die PA und ich lasse ihn mir auf den Monitor legen. Der Ton geht durch einen Korg-Racktuner und dann in eine alte Peavey Alpha-Ršhrenvorstufe, die ich sehr mag. Danach splitte ich das Signal, und ein Weg geht in die PA und einer in meine BŸhnenbassanlage. Als Box verwende ich eine Tecamp L 810 Classic, und als Amp entweder einen Morgana-Röhrenbassamp oder eine Tecamp Black Jag 700.
Erwähnenswert ist bestimmt, dass ich sehr viel Wert auf die exakte Montage des Ton-Pickups lege. Mein Piezo sitzt an den Flügeln der Brücke unter der E-Saite, da diese oft schwächer übertragen wird als die höheren Saiten. Sehr wichtig ist der Druck mit dem der Piezo eingepasst wird. Ist es zu wenig Druck klingt es auch genau so, ist es zuviel Druck klingt der Sound eigenartig komprimiert. Ich arbeite da mit Saxophon-Blättchen als Hilfsmittel.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber folgende kleine Story: Wir müssen auch ab und an mal Fliegen, und dann ist es leider unmöglich, mein eigenes Zeug mitzunehmen, und um ehrlich zu sein: Gerade Kontrabässe bekommt man da schon sehr lumpige hingestellt. Unser Techniker, der häufig mit uns unterwegs ist sagt aber immer: Klingt trotzdem immer nach dir. Und ich denke, dieses Finden des eigenen Sounds ist mit das wichtigste was man als Musiker tun sollte.
Übrigens: Einige Rückkopplungsprobleme können die Techniker auch von ihrer Seite aus angehen: Das exakte Einstellen der Subwoofer hilft bei Kontrabässen enorm weiter. Wie oft hatte ich an bestimmten Stellen auf der Bühne richtige Basskeulen, und wenn du dich einen Meter weiterbewegt hast war ich im basslosen Raum gestanden. Von vielen Technikern wurde mir erklärt, das dies (unabhängig von tatsächlich auftretenden Raumresonanzen schlicht und ergreifend auch Phasenprobleme bei der Anlage sein können. Und das sollte natürlich auch nicht sein. Oft hilft es dann übrigens, einfach mal die Phase des Bass-Signals zu drehen. Und zu viele richtige Tiefbässe braucht man eigentlich auch nicht beim Kontrabass, gezieltes Filtern ohne Schablone im Kopf bringt echt viel. (liebe Kollegen…hört auf den Mann! Das nennt man „Mixen“)
T: Wie nimmst du im Studio auf. Mit Pick-Up im Bass, oder teurem Mikrofon davor?
Didi: Oft ist es eine Mischung aus Beidem. Meistens arbeite ich mit dem Shadow RB-Pro-Tonabnehmersystem in Kombination mit einem Neumann U 87. Sehr schön kling aber auch das DPA 4099B Kontrabass-Mikrofon. Und bei der letzten Boppin‘ B-CD habe ich ein billiges älteres Sennheiser Schlagzeugmikrophon benutzt (e 604 glaube ich). Den Tonabnehmer lasse ich dann noch über eine Avalon U5 laufen, Studioleute kennen das Teil, für den Rest, das ist so eine Art Edel-DI-Box. Wir nehmen gerne mit Raummikrophone auf, um den Sound ein wenig organischer klingen zu lassen (meisten spielen Drums, Gitarre und Bass zusammen ein), und da haben wir beim letzten Album zwei alte U 47 benutzen können, die waren schon extrem klasse.
T: Kommt der Sound aus dem Verstärker oder vielleicht doch vor allem aus den Fingern?
Didi: Für mich ganz klar aus den Fingern, allerdings hilft einem der Amp, wenn er dazu in der Lage ist positive Elemente des Sounds zu unterstützen, und negative Dinge wie z.B. schwierige Raum- und/oder Bühnenakustik zu filtern. Ich empfehle beim Slap-Kontrabass übrigens eher mehrere kleine Lautsprecher als Bühnenbox, da meine Erfahrungen mir gezeigt haben, dass der klassische 15er Speaker schneller koppelt.
T: Bei den meisten Rockabilly Bassisten ist deren Slappen viiieeel lauter als die eingentlichen Bass-Töne. Bei dir sind die Töne laut und deutlich, was auch wichtig ist im Zusammenspiel mit der Band. Verstimmt sich so ein rießen-Gerät nicht dauernd bei Hitze und Bühnen-Show?
Didi: Ich mag es selbst nicht so sehr, wenn vom Bass kaum das zu hören ist, was dem Instrument den Namen gibt. Gerade bei Psychobilly Live-Konzerten hört man fast nur den Slip, mir fehlt da richtiggehend etwas. Das liegt aber auch großteils daran, das die Kollegen oft sehr weiche Saiten spielen, mit kaum Saitenspannung. Viele verwenden die sogenannten Weedwackers, oder spielen von Totosound den 5-Saiter Satz mit hoher C-Saite, lassen die E weg, stimmen dann aber das Instrument in Normalstimmung. Klar, bei der hohen Spielgeschwindigkeit faulen dir echt die Hände ab, wenn du da mit Darmsaiten ( oder am Ende Stahlsaiten ) in Normalstimmung spielen musst, von daher verstehe ich das schon, aber die Saiten haben kaum Zug, und so kommt auch kaum ein richtiger Ton raus, und das Ganze hört man dann auch so über die Anlage. Ist halt Geschmacksache, da gibts keine Diskussion. Ich stehe aber auf nen fetten Sound (das liegt wohl an meiner E-Bass-Sozialisierung und an der vielen schwarzen Sollmusik, die ich früher gehört habe). Den Click mag ich persönlich sehr fein, mit null Bässen und Mitten, wie ein sehr dünner, feiner Rimshot. Und das ganze so, das man ihn hört, er aber nicht aufdringlich wirkt. Ich empfehle da als Soundbeispiel immer Bill Haley, der Bassist Marshall Lytle hat das unfassbar gut gemacht. ich durfte ihn übrigens einige Male noch Live erleben, und der gute Mann hat immer über geliehene Bässe gespielt, und trotzdem immer seinen Sound gehabt. Eine große Inspiration für mich.
T: Was macht die Band in 2016? Spielt ihr wieder 20000 Konzerte?
Didi: Ja, das ist eigentlich unser Plan, wir haben immer noch und immer wieder richtig Lust auf die Bühne, und freuen uns übrigens auch immer darauf, neue orte und Locations kennenzulernen. 20000 Konzerte sind es nicht, aber wohl wieder so um die 170 werden es sein. ich denke, die meisten wissen, wie schwer es inzwischen ist von einer einzigen Band zu leben, die dann auch noch großteils eigenes Material spielt und nicht ständig in den Medien ist. Das wir dies seit 30 Jahren erleben dürfen ist, aus meiner Sicht, ein wahnsinniges Glück, für das ich sehr dankbar bin.
Übrigens planen wir auch, 2016 wieder ins Studio zu gehen, mal schauen wie das hinhaut.
T: Ja dann: Hey Hey My My… Viel Erfolg!
Didi Beck ist Berufsmusiker und spielt seit 36 Jahren Bass. Am Anfang hauptsächlich E-Bass in unzähligen Bands im Raum Aschaffenburg, ab dem Alter von 20 Jahren dann auch als Kontrabassist. Lange Jahre arbeitete er als Lehrer (für E- und Kontrabass) an der Rocksound Music School in Aschaffenburg. Später auch einige Jahre an der Pro Music School in Ettlingen-spielt neben Boppin‘ B noch bei Yeah feat. The Oh-Yeahs (eine einmal im Jahr stattfindende Bad-Taste-Veranstaltung der ganz besonderen Art)-Boppin‘ B wurde 1985 von Thomas Weiser und Golo Sturm als Schülerband gegründet. 1987 stiessen Didi Beck und Frank Seefeldt (Saxophon) zur Band. Seit 1990 lebt die Band auschliesslich von der Musik. 1995 wurde Michael Treska für 17 Jahre der vierte Sänger der Band. 2013 kam Sebastian Bogensperger als Sänger zu Boppin´B. Seit 1985 spielten Boppin´B über 5000 Konzerte in ganz Europa, und 2004 gelang ihnen ein Chartseinstieg mit dem Album „Bop around the Pop“ und den Singles „If you believe“ und „We can leave the world“. Die Band hat in den dreissig Jahren ihres Bestehens 13 Alben aufgenommen (aktuelle V…: Boppin´B) und unzählige weitere Veröffentlichungen getätigt (Singles, Videos, DVD, Samplerbeiträge)